Die Frankfurter Buchmesse steht vor der Tür. Zeit einmal einen Blick hinter die Kulissen des Literaturbetriebs zu werfen, auch literarisch. Und wie könnte man dies besser als an der Seite eines Mannes, der weiß von was er spricht und schreibt.
Jonathan Galassi, selbst Verleger beim renommierten New Yorker Verlag Farrar, Straus and Giroux und als Lektor Entdecker von so namhaften Autoren und literarischen Schwergewichten wie Jonathan Franzen und Jeffrey Eugenides, hat mit „Die Muse“ seinen ersten Roman vorgelegt.
Ein Mann, der weiß über was er schreibt, wenn er einen Roman über den Literaturbetrieb, Verlage, Lektoren, Autoren, Kritiker, den Buchhandel und die Liebe zu den Büchern schreibt. Ein Mann, der den ganzen Zirkus rund um die schönste Sache der Welt, das Lesen, kennt. Von innen und von außen. Als leidenschaftlicher Leser, Autor, Lektor und Verlegeger.
Kenntnisreich, mit spitzer Feder und feiner Lyrik durchwebt, nimmt er uns mit auf eine Zeitreise quer durch die Welt der Literatur und des Verlagswesens, vom Ende des 2. Weltkrieges bis in die heutige Zeit, und zeigt uns anhand der fiktiven Biographie der Lyrikerin Ida Perkins das ganze Spektrum, die Höhen und Tiefen dieser ganze eigenen Welt auf. Angefangen bei der endlosen Suche der Lektoren nach dem vielversprechenden Debüt, über den Kampf um Rechte und Autoren bis hin zum „quirligen“ alljährlichen „Mekka der Frankfurter Buchmesse.“
„Frankfurt war im Grunde alles außer gesellig, es war Raubtierkunst vom Feinsten, mit vornehm europäischem Gesicht. Die schicken Kleider, die Partys, die Zigarren, die übertriebenen Preise in Hotels und Restaurants, das enttäuschend schlechte Essen, alles gehörte dazu. Es war anstrengend, langweilig und deprimierend – aber niemand aus der Verlagswelt mit einem Funken Stil und Verstand hätte es verpassen wollen.“ (S. 138)
Ein Buch das mit einer Liebeserklärung an die Buchliebhaber dieser Welt von gestern und heute beginnt, denn:
„Dies ist eine Liebesgeschichte. Über die guten alten Zeiten, als Männer noch Männer, Frauen noch Frauen und Bücher noch Bücher waren, mit Klebebindung oder besser Fadenheftung, mit Leinen- oder Papiereinband, mit hübschen oder weniger hübschen Umschlägen und diesem modrig-staubigen Geruch: als Bücher unzählige Räume füllten und ihr Innenleben – magische Worte, Prosa und Poesie – ihren Liebhabern wie Wein war, wie Parfüm und Sex und Ruhm…..“ (S. 7)
Dies ist die Geschichte von einigen dieser Liebhaber und von einem ganz besonderes, Paul Dukach. Cheflektor bei P&S, immer auf der Suche nach dem nächsten Meisterwerk, dem absolut vollkommenen Stück Literatur auf der Spur …
„Paul hatte mit der Zeit verstanden, dass die meisten Verleger gerade von den Büchern heimgesucht wurden, die ihnen entwischt waren…“ (S. 69)
Dies sollte ihm nicht passieren. Er will das perfekte „Trüffelschwein“ sein. Privat ist er glühender Verehrer der Lichtgestalt und ebenso mondänen wie geheimnisvollen Diva und Dichterin Ida Perkins.
„Es war Liebe aufs erste Gedicht.“ (S.29)
Für ihn der Inbegriff von Perfektion. Und so verschlingt er über die Jahre hinweg Buch um Buch und wird so zu einem Kenner ihres Lebens und Gesamtwerkes wie kein Zweiter.
Als sich ihm nach vielen Jahren jedoch die Chance bietet, sein in Schönheit gealtertes Idol persönlich zu treffen, muss er erkennen, dass der Mensch hinter dem Mythos, hinter der berühmten Dichterin, ein ganz anderer ist und manches in Büchern manchmal anderes scheint, als es tatsächlich ist.
Ein Buch, das aufs meisterhafte Realität und Fiktion zu mischen versteht und bei dem man nicht den Lesespaß durch sinnlose Internetrecherchen unterbrechen oder gar sich verderben lassen sollte. Viele Personen, Verlage des Buches existieren in der Realität tatsächlich, andere nicht. Manche werden namentlich genannt, andere nicht. Aber im Grunde ist dies für die Handlung an sich irrelevant, denn um was es hier eigentlich geht, ist die ganz besondere Liebe zum geschriebenen Wort, diese ganz besondere Faszination, die Bücher auf ihre Leser ausüben….bis heute!!!!
Ein Buch, ideal zum Einstimmen auf die anstehende Buchmesse in Frankfurt.
272 Seiten, gebunden
erschienen bei S. FISCHER
ISBN 978-3-10-002294-3
unverb. Preis € (D) 22,00
Hallo Heike,
Bücher über die Literatur- und Buchbranche hören sich immer gut an, wandert direkt auf meine Wunschliste 😉 Danke für die tolle Besprechung und den Tipp.
Liebe Grüße
Thomas
Hallo Heike,
das Buch hört sich unheimlich interessant an. Danke für deine tolle Rezension! Das werde ich mir auf jeden Fall vormerken. 🙂
Liebe Grüße
Nicole