Joachim Meyerhoffs Reise geht weiter. Führte uns der erste Teil nach Amerika, geht Meyerhoffs Blick dieses Mal weiter zurück, in die Welt seiner Kindheit. Der Vater Psychiatriedirektor, das Elternhaus mitten auf dem Anstaltsgelände liegend, wuchs Meyerhoff umgeben von geistig Behinderten auf. Eine Kindheit, die man alles andere als „normal“ bezeichnen kann. Doch was ist schon „normal“ in dieser Welt und so erscheint einem so manches Mal während der Lektüre dieses Buches die scheinbar „normale“ äußere Welt viel verrückter, als die Welt innerhalb der Anstaltsmauern.
Joachim Meyerhoff gelingt es auch dieses Mal wieder den Leser mitzureißen. Manchmal zum Schreien komisch, dann wieder zutiefst traurig erzählt er uns von einer nicht ganz gewöhnliche Kindheit an einem ebenso ungewöhnlichen Ort, von einem Vater, der sich in Bücher flüchtet und einer Mutter, die scheinbar alles zusammenhält und von dem Umgang einer Familie mit Tod, Trauer und Verlust. Und wenn man eines aus Meyerhoffs Roman mitnehmen kann, dann die Tatsache, dass auch Eltern nur Menschen sind, mit all ihren Stärken und Schwächen oder wie Joachim Meyerhoffs Vater es an einer Stelle des Buches ausdrückt:
„Es gibt Dinge, die du tust, die mich nichts angehen, und es gibt Dinge, die ich tue, die dich nichts angehen.“- Auch Eltern haben durchaus ihr eigenes Leben!
Ein unglaublich dichter und praller Roman, voller Lebenslust aber eben auch manchmal –frust. Wie Nikolaus Merck so treffend über Meyerhoffs gleichnamiges Theaterstück schrieb:
„Er schaut zurück, erzählt und erfindet dabei die Wahrheit.“
Das trifft sozusagen des Pudels Kern oder anders gesagt des Buches Herz und zwar genau in der Mitte. Dieses Buch ist keine Autobiographie, nein, es ist eigene Lebenserfahrung in Romanform gegossen.
Wer sich auch für die weiteren Bänder der Reihe interessiert:
- Alle Tote fliegen hoch – Joachim Meyerhoff (Teil 1)
- Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke – Jochim Meyerhoff (Teil 3)