Mit einem Werther-Zitat als Titel ist nun auch der von mir lang ersehnte Teil 3 von Joachim Meyerhoffs Lebenserinnerungen erschienen. „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke, die ich hier in meinem Busen fühle.“ Es ist eine Liebeserklärung an seine Großeltern. Ein in jeder Hinsicht ungewöhnliches Paar. Sie eine berühmte, erfolgreiche ehemalige Schauspielerin, durch und durch Diva und er emeritierter Professor der Philosophie. Sie bewohnen eine stattliche Villa im Münchner Stadtteil Nymphenburg und ihr Tagesablauf ist geprägt von festen Ritualen, die man nun nicht gerade als ganz gewöhnlich bezeichnen dürfte. Dazu gehören auch die fünf Etappen der Flüssigkeitsaufnahme:
- Etappe: Champagner am Morgen
- Etappe: Weißwein zum Mittagessen
- Etappe: Der Sechs-Uhr-Whisky
- Etappe: Rotwein zum Abendbrot
- Etappe: Cointreau läutet das Ende des Tages ein
Einem Ritual, dem sich jeder der im Haus lebt unterziehen muss so auch der gerade einmal zwanzigjährige Joachim Meyerhoff. Frisch an der Otto Falkenberg Schauspielschule in München aufgenommen, hat er bei seinen Großeltern eine „vorübergehende“ Bleibe gefunden. Und so bescheren ihm die „fünf Tagesetappen“ so manch Fahrt mit „Lifta-Dem Treppenlift“ und dem Leser unvergessliche Lesemomente. Lange kamen mir keine Tränen mehr vor Lachen beim Lesen, dieses Buch hat es geschafft.
Und es ist nicht die einzige unglaublich komische Szene des Buches, denn mit der Welt der Schauspielschule und der Welt der Großeltern prallen zwei Universen aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Und so hat Meyerhoff mit diesem Buch nicht nur seine ganz persönlichen Lebenserinnerungen niedergeschrieben, sondern auch seinen Großeltern ein literarisches Denkmal gesetzt:
„Kaum, dass ich an sie denke, sind sie auch schon da, sitzen in ihrem Sesseln und stoßen mit mir an. Verlässlicher Besuch aus dem Totenreich.“ (S. 347)
Was für ein wunderschönes Bild. Und über seine Großmutter schreibt er an einer Stelle:
„Sie war eben nicht nur eine Meisterin darin, das Profane mit Pathos zum Ereignis zu erhöhen, genauso gut konnte sie ein wirkliches Ereignis durch Beiläufigkeit zum Funkeln bringen.“ (S. 223)
Was kann man schöneres über einen Menschen sagen!
Am Ende des Buches angelangt und nach insgesamt 1.020 Seiten puren Lesegenusses, soweit man wie ich alle drei Bücher der Reihe noch einmal hintereinander weg gelesen hat, wünscht man sich, ja denkt man sich, könnte es doch bitte noch etwas weitergehen in Joachim Meyerhoffs Erinnerungen. Dieses Buch ist keine große Literatur, aber es ist eine Geschichte über wahrhafte Menschen, über Begebenheiten und Ereignisse, wie sie nur das wahre Leben schreiben kann und Meyerhoff ist ein grandioser Erzähler. Auch die Hörbücher, die der Autor selbst eingelesen hat sind sehr zu empfehlen. Man könnte diesem Mann mit seiner markanten Stimme wirkliche ewig lauschen und ich bin ihm sehr dankbar dafür, dass er seine Erinnerungen an seine Familie, die Lebenden und die Toten, mit uns geteilt hat und somit seine Lieben vor dem Vergessen auf alle Ewigkeit bewahrt hat. Wie er selbst schreibt:
„Vielleicht ist ja das ganze Leben so, dachte ich: Man hinterlässt eine Spur. Dann überholt einen die eigene Spur. Und von da an verfolgt man sich selbst, versucht immer genau in dieser Spur zu bleiben, weil man sicher ist, das sei für einen der richtige, der einzig sichere Weg.“ (S. 297 f)
Hier geht es zu den anderen beiden Büchern der Reihe:
Das Buch lese ich auch gerade und bin genauso begeistert wie du 😉 Selten habe ich beim Lesen so gelacht. Das Buch hatte ich letztes Jahr meiner Mutter geschenkt und nachdem sie so begeistert war und es außerdem auf der Longlist zum dbp gelandet ist wollte ich es auch unbedingt lesen (der NDR-Talkshow Auftritt von Joachim Meyerhoff war auch nicht ganz unschuldig – kann ich sehr empfehlen). Ich kann mich jetzt auch noch auf die beiden ersten Bände freuen, da ich diese noch nicht kenne.
LG
Thomas
Sorry, dass ich Dir erst jetzt antworte, aber der Dezember war bei mir persönlich ein unglaublich stressiger Monat. Keine Ahnung, wo die ganze Zeit geblieben ist. Ich verschenke das Buch auch unglaublich gerne, wirklich selten, dass einen ein Buch so zum Lachen bringt. Die NDR-Talkshow mit Joachim Meyerhoff habe ich auch gesehen, einfach nur klasse, ich glaube Til Schweiger war damals auch mit dabei in der Runde und hat auch aus dem Nähkästchen seiner Schauspielschulzeit in München geplaudert, kann aber auch sein, dass das beim Kölner Treff im WDR war (sein Auftritt dort war auch absolut sehenswert, ebenso wie der bei Inas Nacht ;-)).
Wünsche Dir viele schöne Lesestunden mit den beiden weiteren Bänden, einen guten Rutsch ins neue Jahr und für 2017 viele, viele neue gute Bücher. Ganz liebe Grüße,
Heike